Durch Infraschalleinwirkung treten Störungen im Wohlbefinden bei Menschen und Tieren auf[1],[2], die zu Herzrhythmusstörungen, Schlafstörungen, Depressionen und Angstzuständen führen können. Dies wird als Effekt zur Spannungssteigerung in Dolby-Surround-Kinos und Diskotheken bereits erfolgreich eingesetzt. Die überarbeitete DIN 45680 trägt diesem Phänomenen teilweise Rechnung[3], wobei diese Praxis der Bewertung in den Genehmigungsverfahren für WKA noch nicht etabliert ist.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) kommt in einem Feldversuch zur Infraschallausbreitung zum Ergebnis, dass die "...Schallemission moderner und großer Windkraftanlagen mit Leistungen von mehr als 600 kW bei etwa 1 Hz Reichweiten von über 10 km hat.". Dennoch wird auch hier ungeprüft die Aussage gegenübergestellt: "...wird hingegen die menschliche Wahrnehmungsgrenze für Infraschall bereits nach etwa 300 bis 500 m unterschritten.".
Das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart hat sich in seinem 18. Umwelttoxikologischen Kolloquium am 18. Oktober 2012 mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz und der Umwelthygiene auseinandergesetzt. In dem Flyer der Einladung ist zu entnehmen:
„Als „Infraschall“ wird der Luftschall bezeichnet, der mit tiefen Frequenzen im Grenzbereich und zum großen Teil außerhalb des normalen Hörens im Arbeits- und Wohnbereich des Menschen auftritt. … Die Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ am Robert Koch-Institut …konstatiert in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2007 einen deutlichen Mangel an umweltmedizinisch orientierten wissenschaftlichen Studien zu tieffrequentem Schall und sieht hier noch einen großen Forschungsbedarf. … Obwohl zahlreiche Quellen wie der Schwerlastverkehr, Heizkraftwerke, Umwälzpumpen u.a. tieffrequenten Schall emittieren, sind in letzter Zeit insbesondere Windkraftanlagen als Emittenten von Infraschall in die Diskussion geraten. Aus diesem Grund soll in der Veranstaltung auch das Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen in Baden-Württemberg erläutert werden.“
Eingeladen war unter anderen Prof. Dr.-Ing. Detlef Krahe, Bergische Universität Wuppertal. Er referierte über psychologische und physiologische Wirkung von tieffrequentem Schall und Infraschall. Er kommt in einem Fachvortrag zum 3. DEGA-Symposium, Berlin / „ Lärm heute“ bereits 2009 zu folgenden Ergebnissen:
- Tieffrequenter Lärm kann eine ausgeprägte, mental belastende Wirkung haben.
- Mit welchen physiologischen Vorgängen diese Wirkung verbunden sein könnte, ist noch weitgehend unbekannt. Um hier zu mehr Erkenntnissen zu gelangen, ist eine Zusammenarbeit mit andern Fachdisziplinen (z.B. Neurologie, Bioinformatik) anzustreben.
- Im Lärmschutz ist dem Problem „Tieffrequenter Lärm“ verstärkt Beachtung zu zollen, da durch manche Lärmschutzmaßnahme das Problem sogar verstärkt werden kann.
- Auch bei Richtlinien ist darauf zu achten, dass tieffrequenter Lärm angemessen berücksichtigt wird oder dass sie nicht sogar einer Verstärkung des Problems Vorschub leisten, indem tieffrequente Komponenten unterbewertet werden.
In einer Anfrage bezüglich der Gefahr von vermehrtem Auftreten epileptischer Anfälle bei Epileptikern, ausgelöst durch tieffrequentem Lärm von Windkraftanlagen, äußert sich Prof. Dr.-Ing. Detlef Krahe wie folgt:
„Vergleichbare Symptome werden auch bei flackerndem Licht beobachtet. Darüber gibt es eine Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen, aber leider kaum welche im Zusammenhang mit tieffrequentem Lärm. Dass aber tieffrequenter Lärm unter bestimmten Bedingungen, die auch in Hörtests zu spezifischen Reaktionen führten, möglicherweise spezifische physio- logische Reaktionen auslösen kann, wurde in dem Beitrag von mir auf Basis einer Computersimulation von Gehörfunktionen gezeigt. In Kombination mit Modellen aus der Bioinformatik zeigten sich bei einer Konzentration auf den Tieftonbereich Effekte in Form einer ausgeprägten Interaktion / Synchronisation von Signalen auf Nervenfasern. Hier besteht eine gewisse Nähe zu Beobachtung bei epileptischen Anfällen. Eine gewisse Nähe gib es auch bei den beobachteten Symptomen.“
Das Robert Koch Institut hat einen Bericht erstellt und diesen bereits im November 2007 publiziert mit dem Titel: „Infraschall und tieffrequenter Schall – ein Thema für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz in Deutschland?“
Zitat: "Die Studien weisen darauf hin, dass Immissionen von Infraschall entweder bei kontinuierlicher Langzeitexposition oder bei sehr intensiven Kurzzeitexpositionen gesundheitliche Schädigungen verursachen können.... Besonders kritisch müssen die Auswirkungen von Lärm auf den Schlaf von Schwangeren, Wöchnerinnen und Müttern in der postnatalen Phase gesehen werden.... Auf europäischer Ebene wird für schwangere Arbeitnehmerinnen in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG festgelegt, dass sie keine Tätigkeiten verrichten sollten, die zu starker niederfrequenter Vibration führen können, da sich hierdurch das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöhen kann.“
Andere europäische Länder sind den deutschen Instituten zum Teil weit voraus[4]. So erklären sich die Abstandsgebote von WKA zur Wohnbebauung im Ausland, die zwischen 10 km und 3 km liegen. Bundesländer mit langjähriger Erfahrung in der Genehmigung und Aufstellung von WKA, wie Schleswig-Holstein, fordern inzwischen einen Mindestabstand zu Wohnhäusern von der 10fachen WKA-Höhe.
Die WHO kommt zu dem Ergebnis, dass Lärmpegel ab 30 dB(A) Wirkungen auf den Organismus haben und empfiehlt Nachts, im Aussenbereich, einen Grenzwert von 40 dB(A). Sie bemerkt allerdings, dass im Innenbereich der Wert von 30dB(A) nicht überschritten werden sollte (siehe auch: Link zu den Empfehlungen der WHO). Dies bedeutet jedoch, ausgehend von dem in der TA-Lärm genannten Grenzwert von 45 dB(A) und dem in manchen Bundesländern empfohlenen Mindestabstand von 1000 m, in der Umrechnung, einen Mindestabstand der Anlagen von 2000 m einzuhalten.
Abstände von 450 m, wie sie die Landesregierung von Baden-Württemberg vorsieht, sind aus unserer Sicht in hohem Maße unverantwortlich. Nach Art. 2 Satz 2 des Grundgesetzes ist der Staat für die Unversehrtheit seiner Bürger in der Pflicht. Wenn Sie über Englischkenntnisse verfügen, dann lohnt der Hinweis auf eine interessante Studienarbeit an der University of Adelaide, Australien hier. Auch möchten wir auf eine Studie der Biologin und Ärztin Dr. Nina Pierpont verweisen, die auf diesem Gebiet geforscht hat: http://www.windturbinesyndrome.com/wind-turbine-syndrome/what-is-wind-turbine-syndrome/
Einen Fachvortrag über Infraschall von Dr. Holger Repp, Mitglied der BI Gegenwind Vogelsberg, finden Sie hier:
Auch Spiegelungen und Schattenschlag werden inzwischen in gewissem Rahmen berücksichtigt. Jedoch fehlt es an aussagekräftigen Studien, die die Grenzen einer Zumutbarkeit aufzeigen. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat z. B. in einem Beschluss vom 8.3.1999 - 3 M 85/98 -, NVwZ 1999, 1238 ff, die maßgeblichen Grenzwerte, die geeignet sind, unzumutbare Belästigungen durch Schattenwurf auszuschließen, bei maximal 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr festgelegt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dadurch epileptische Anfälle ausgelöst werden.
Video vom Schattenschlag hier.
Hierzu fordern wir von der Landesregierung Baden-Württemberg, besonders vom Umweltministerium, den von der WHO empfohlene Mindestabstand von 2000 m zu Einzelhäusern und, wie in England bereits Gesetz, 3000 m Abstand zur Wohnbebauung einzuhalten.
Im verabschiedeten Windenergieerlass von BW wird der Wahrnehmung von Infraschall unterhalb 8Hz nicht entsprochen. Auf eine Kumulation von dauerhaften und unterschiedlichen Schallereignissen mit Bezug zur psychischen und physischen Wirkung wird nicht eingegangen. Eine Bewertung erfolgt ausschließlich über die TA-Lärm. Hierbei steht die vom Hersteller der Anlage erstellte Lärmprognose im Vordergrund der Betrachtung. Weitere Überprüfungen sind nicht vorgesehen.
Zitat: „Eine Abnahmemessung ist nicht erforderlich, wenn Erkenntnisse vorliegen, die eine Emissionswertüberschreitung sicher ausschließen.“ Im Zweifel müssen über aufwändige Gutachten die Gerichte bemüht werden.
[1] H. Ising et al, Infraschallwirkung auf den Menschen
[2] Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“, Empfehlungen des Robert- Koch-Instituts: „Infraschall und tieffrequenter Schall – ein Thema für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz in Deutschland“
[3] 10. Chemnitzer Fachseminar Schall-Immissionsschutz 2007, Dr. Kubicek, Sachgebietsleiter Lärmschutz, Regierungspräsidium Chemnitz
[4] Pedersen, E; van den Berg, F; Bakker, R; Bouma, J: „Response to noise from modern wind farms in the Netherlands“, Halmstad University and University of Gothenburg, Sweden, 2009