Der Windatlas hat eine lange Geschichte. In den 1990er Jahren wurden erste Daten veröffentlicht. Die Vorgängerversion stammte aus dem Jahr 2011. Allen Berechnungsergebnissen war eines gemeinsam: Sie bewerteten das Windangebot zu hoch. Dies führte sogar zum Abbruch von Planvorhaben. Windmessungen bei Messkirch bestätigen die überzogenen Werte. Dort wurde ein Windparkprojekt auf Eis gelegt. Nachzulesen im Südkurier vom 19.09.2013: "Nach Informationen der EnBW liegt der Windertrag um 35 Prozent unter der Prognose des Windatlasses... Die Kosten von 50.000 Euro für die Windmessung blieben beim Verwaltungsverband." Beim Südkurier ist dieser Artikel nicht mehr zu finden, allerdings haben wir einen Bericht über das Windparkprojekt Messkirch in der "schwäbische.de" aufgestöbert. Link zum Artikel
Deshalb hat der Verein Mensch Natur gemeinsam mit einem Expertengremium den neuen Windatlas 2019 kritisch angesehen und die im Windatlas ausgewiesenen Werte mit realen Ergebnissen verglichen. Dabei konnten wir durch Rückrechnungen anhand frei verfügbarer Daten nachweisen, dass beim neuen Windatlas qualitativ und quantitativ unsauber gearbeitet wurde und die Berechnungen auf methodischen Fehlern aufbauen, die weitreichende Konsequenzen haben.
Die verwendete Datengrundlage wird nicht öffentlich gemacht und kann damit auch keiner unabhängigen Prüfung unterzogen werden. Der Bundesverband Windenergie hat gemeinsam mit der Firma AL-PRO als Mitglieder im Fachbeirat vermutlich ihre Interessen an einem Ausbau der Windkraft wahrgenommen. Durch die Zusammensetzung des Fachbeirates und den Umständen der Präsentation des neuen Windatlanten in der Öffentlichkeit wird deutlich, dass der politische Wille der Landesregierung zu einem weiteren Ausbau der Windenergienutzung über dem öffentlichen Interesse des mündigen Bürgers an einer objektiven Analyse des Windangebots steht.
Die Landesregierung als Auftraggeber ist damit ihrer Pflicht und Verantwortung gegenüber den Landkreisen, den Kommunen und der Bürgerschaft nicht nachgekommen, Transparenz und Objektivität der Studie zu gewährleisten.
Die Autoren der Ausarbeitung weisen nach, dass vorhandene transparente Messreihen der Windgeschwindigkeiten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sehr wohl für eine Ertragsprognose von Windkraftanlagen benutzt werden können, im Gegensatz zu den Behauptungen der Fa. AL-PRO im Endbericht. Allerdings können wir auch belegen, dass mit den Daten des DWD und im Abgleich mit existierenden Ertragsdaten die vom Windatlas prognostizierten Werte nicht erreicht werden können.
Die Berechnungen zur Häufigkeitsverteilungen der Windgeschwindigkeiten unseres Fachgremiums, mit den gemessenen Parametern für die Windgeschwindigkeitsverteilungen aus 28 vorhandenen Messstationen des Deutschen Wetterdienstes in Baden-Württemberg, zeigen auf, dass der am häufigsten vorkommende Betriebszustand einer Windkraftanlage in Baden-Württemberg der Stillstand ist.
Inzwischen ist unsere Arbeit im Peer Review veröffentlicht und bestätigt worden. Die Veröffentlichung ist unter dem Link zum Springer Fachbuchverlag einzusehen und steht dort als Download zur Verfügung. Naturgemäß rief diese Veröffentlichung auch Kritiker aus der Windbranche auf den Plan. Auch haben wir das Umweltministerium angeschrieben und an den Amtseid der Minister erinnert. Allerdings wurden wir schroff abgewiesen und auf unseren weiteren Brief mit der Forderung einer Stellungnahme haben wir keine Antwort mehr bekommen.
Daraufhin, vermutlich als Resultat unserer Briefe, zog der Springer Verlag plötzlich die Studie mit der Begründung "methodischer Fehler" zurück. Eine Möglichkeit zur Diskussion und Verbesserung der Methoden wurde abgelehnt. Da stellt sich die Frage, könnte mit dieser Studie ein empfindlicher Nerv des Umweltministeriums, sowie der am Windatlas beteiligten Windlobby getroffen haben?
Die Ausarbeitung "Windkraft versus Realität - eine kritische Betrachtung des überarbeiteten Windatlas 2019 von Baden- Württemberg" kann hier heruntergeladen, oder auch über den Verein angefordert werden. Auch steht unser Faltblatt zur schnellen Orientierung zur Verfügung.